Autor: Michael Berger von gezielt-lernen
Mit der Fähigkeit zu lesen, habe ich den Schlüssel zur Welt. Ich kann die Türe zu unzähligem Wissen öffnen und lernen was ich möchte. Dies gilt für den Beruf, genauso wie für die Freizeit. In unseren Breitengraden gehört Lesen zu den wichtigsten Schlüsselkompetenzen. Sie werden es kaum durch einen Tag schaffen, ohne irgendwo etwas zu lesen. Vielfach geschieht dies unbewusst, da es für uns alltäglich geworden ist. Wir bemerken die Notwendigkeit kaum noch, wir lesen automatisch.
Zu Beginn ist das Lesenlernen mit viel Aufwand verbunden. Kinder starten mit einzelne Buchstaben, danach folgen Wörter, Sätzen und ganze Texte. In dieser Phase ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass Kinder genau lesen und sie die Buchstaben klar trennen können. Wenn Sie sich nicht sicher sind ob Ihr Kind die Buchstaben kennt, können Sie das einfach testen, indem Sie die bereits bekannten Buchstaben (Gross- und Kleinbuchstaben) aufschreiben. Erkennt Ihr Kind den Buchstaben innert einer Sekunde, so können Sie davon ausgehen, dass dieser gefestigt ist und beim Lesen angewendet werden kann. Zögert ihr Kind, so muss dieser Buchstabe weiter geübt werden, da er nicht genügend automatisiert ist. Hier lohnt sich das Üben, weil dadurch ein höheres Lesetempo möglich ist.
Ich persönlich lege einen grossen Wert auf die Lesegeschwindigkeit, da diese für das Textverständnis essentiell ist. Wer diese Geschwindigkeit nicht schafft und dadurch Schwierigkeiten beim Lesen hat, benötigt im Alltag deutlich mehr Energie. Was bei anderen automatisiert ist, muss „erarbeitet“ werden. Dieser Aufwand ist so anstrengend, dass viele den einfacheren Weg gehen und nicht lesen. Dadurch wird es nicht einfacher und plötzlich ist man auf Hilfe angewiesen, wo man es vielleicht nicht möchte. Zudem müssen sie ab diesem Moment vielen Personen Ihr Vertrauen schenken, was Sie abhängig macht. Diese Abhängigkeit muss nicht sein!!!
Das ist einer der Gründe, weshalb die PISA Ergebnisse für mich nicht nur ein Warnsignal für die Schule, sondern eines für die ganze Gesellschaft sind. Die kritisierte Lesekompetenz unserer Kinder ist eine Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben und eine aktive Teilnahme an der Gesellschaft. Gerade in einer Demokratie ist es wichtig, mündige Bürger zu haben. Da reicht es nicht mehr nur die Buchstaben zu kennen und aneinanderreihen zu können. Die Inhalte müssen verstanden werden, egal wie komplex diese sind und in welcher Form sie vermittelt werden.
Obwohl die Schule im Bildungsauftrag den Erwerb von Lesekompetenz hat, reicht dieses Umfeld alleine nicht aus. Besonders das Elternhaus ist gefragt und nimmt im ganzen Lernprozess einen wichtigen Platz ein.
Erleben Kinder Lesen als etwas schwieriges, werden sie es meiden. Ist Lesen etwas lustvolles, steigt das Interesse und die Bedeutsamkeit. Das Schöne am Lesen ist, dass man es trainieren kann und je besser man es beherrscht, desto höher ist der Spass. Zudem gibt es Bücher zu allen Themenbereichen, Sie müssen also nichts lesen, was Sie nicht interessiert.
5 Schritte für eine kindgerechte Leseförderung
1. Vorbild sein.
Lesen Sie, liest ihr Kind. Versuchen Sie bewusst in der Umgebung Ihres Kindes zu lesen. Idealerweise in einem Buch. Ihr Kind beobachtet Sie ständig und sieht, dass es Freude machen kann ein Buch zu lesen.
- Wer gern liest, liest viel.
- Wer viel liest, liest gut.
- Wer gut liest, liest gern.
- (ARGE NÖ)
Tipp: Versuchen Sie eine Lesezeit in den Tag einzubauen. Wir handhaben es so, dass nach dem Nachtessen „Lesezeit“ ist. Jeder liest was er mag. Es können auch Geschichten erzählt werden und die Kleinsten, welche noch nicht lesen können, verweilen sich mit Bilderbüchern. Ein toller Nebeneffekt ist hierbei, dass die Kinder dabei zur Ruhe kommen.
2. Vorlesen
Beginnen Sie schon früh mit Vorlesen. Zeigen Sie Ihrem Kind, was Sie alles lesen, damit wird es zu einer wichtigen Handlung. Nutzen Sie den Alltag, damit es mehr Bedeutsamkeit erhält. Hier gibt es unzählige Möglichkeiten, von Schriftzügen, über Verpackungen bis zu Kochrezepten. Bei Geschichten ist es auch schön, abwechselnd zu lesen.
3. Über das Gelesene sprechen
Sprechen Sie untereinander über die Bücher die gelesen werden. Sie zeigen sich damit gegenseitig Interesse und fördern nebenbei noch das Leseverständnis, welches bei PISA ja besonders kritisiert wurde.
Was ist bisher geschehen? Wie könnte es weitergehen?
Tipp: Möchten Sie das Lesen „erleben“, eigenen sich Schatzsuchen, welche es mittlerweile für fast alle Alterskategorien gibt. Gerade bei solchen Rätseln liegt die Lösung oft im Detail, was Textverständnis bedeutet.
4. Leseplatz
Ein gemütlicher Leseplatz lockt. Schaffen Sie sich einen Ort zum Wohlfühlen. Idealerweise sind an diesem Platz auch immer Bücher griffbereit. Es ist wie bei allem im Leben, ist es leicht zugänglich, wird es genutzt.
5. Bibliothek und Bücherladen besuchen
In einem Bücherladen gibt es eine enorme Auswahl und in diesem Bereich finde ich es lohnenswert auf das Onlineshopping zu verzichten und sich die Zeit zu nehmen und in ein Fachgeschäft zu gehen. Gehen Sie mit Ihrem Kind in einen Bücherladen und zeigen Sie was es alles gibt oder lassen Sie sich beraten. Es gibt so viele Bücher, etwas spannendes findet sich immer.
Auch sehr empfehlenswert sowie preisgünstig sind Bibliotheken. Oftmals gibt es in einer Gemeinde eine Bibliothek. Machen Sie dortige Besuche zur Gewohnheit.
!!!Stolpersteine!!!
Natürlich kann man jemandem die Freude am Lesen auch nehmen, weshalb es wichtig ist folgende Punkte zu vermeiden.
– Lesen als Strafe
Setzen Sie Lesen nicht als Strafe ein. Sobald sie dies tun, wird Lesen negativ wahrgenommen und der Widerstand steigt.
– Korrekturen
Dieser Bereich ist schwierig. Einerseits sollte nichts falsches gelernt werden und dennoch möchten wir die Freude hochhalten.
Wichtig: Zeigen Sie wie es geht und nicht was falsch war. Lesen Sie z.B. ein Wort korrekt vor, anstatt das Kind auf den Fehler aufmerksam zu machen.
– Medien als Konkurrenz
Die Medien locken die Kinder an und solange wir Erwachsenen auch immer vor den Bildschrimen hängen, wird das Interesse der Kinder nicht abflachen. Wenn Sie also einem Kind vor dem Fernseher sagen, dass sie auch mal etwas lesen könnten, werden Sie kaum Erfolg haben. Ihr Kind wird Lesen in Konkurrenz zum Fernseher sehen und sich wahrscheinlich für den Fernseher entscheiden.
Trennen sie beides klar, damit sie nicht gegeneinander ausgespielt werden.